Anmerkung vorab (24.04.24):

Da die Zeit drängt, hatten wir am 18. März eine Rückmeldung bis zum 01. April erbeten. Verschickt wurde diese Mail an das Ministerium und an das Landtagsbüro von Josefine Paul. Gleichzeitig ging der Brief teils zur Kenntnisnahme, teils mit der Bitte um Einschätzung, an weitere Politikerinnen und Politiker. Auf den nächsten Seiten ist ersichtlich, dass uns sehr schnell sehr viele Entscheidungsträger geantwortet haben.
Von Josefine Paul indes haben wir am 23. April eine Rückmeldung erhalten – am Tag, an dem die Westfälischen Nachrichten über die Ausbleibende Rückmeldung und unseren Unmut darüber berichtet haben.

wir sind die Kita „Kinderhäuschen e.V.“ aus Ihrem Wahlkreis in Münster, eine als Elterninitiative geführte Kita mit 45 Betreuungsplätzen in Vollzeit (45 Betreuungsstunden pro Woche). Außerdem bluten wir gerade finanziell aufgrund der multiplen Krisen aus. Wenn jetzt nichts geschieht, schließt unsere Kita noch vor Jahresende.

Wir wissen um die Überbrückungshilfen des Landes und danken Ihnen für das Engagement. Wir wissen ebenso um die geplante Erhöhung der KiBiz-Pauschalen. Wir wissen aber genau wie Sie, dass das Geld bei Weitem nicht ausreicht. Es erscheint uns bizarr, dass Sie erst jüngst Kitas in NRW dazu aufgerufen haben, mehr Hilfskräfte einzustellen (Kitas sollen mehr Hilfskräfte einsetzen, Rheinische Post vom 13.03.2024). Gleichzeitig sind in Ihrer Heimatstadt nun selbst schon die großen freien Träger so sehr unterfinanziert, dass sie androhen, sich zurückzuziehen (Kita-Drama bahnt sich an: Fehlende Gelder könnten drastische Folgen haben, Westfälische Nachrichten vom 14.03.2024). Dass Sie als Ministerin in diesen Tagen Forderungen an die Kitas stellen, anstatt ihnen zu helfen, lässt uns sprachlos zurück.

Engagierte Eltern haben das Kinderhäuschen einst gegründet, weil die Politik es schon damals nicht schaffte, genügend Kitaplätze vorzuhalten. Seitdem ermöglichen wir es 90 Eltern, einer Vollzeitarbeit nachzugehen und ihren Teil zur Wertschöpfung beizutragen. Dabei managen wir die Kita als Eltern in unserer Freizeit und neben Beruf und Familie: Sei es im Vorstand, in Personalangelegenheiten, beim Putzen der Gruppenräume, bei der Pflege des Außengeländes oder bei Abstimmungen mit der Stadt Münster.

Gleichzeitig bezahlen wir sehr viel Geld für diese Plätze über hohe Elternbeiträge an die Stadt und zusätzlich über dreistellige monatliche Vereinsgebühren, ohne die sich eine Elterninitiative nicht tragen kann. Über die Jahre wurden unsere Kitaplätze immer gerne angenommen und auch die Politik freut sich über unser Engagement, verbessern unsere Plätze doch die Statistiken zur frühkindlichen Bildung. Jetzt bricht es uns das Genick, dass wir ein Verein sind. Denn anders als Kitas in öffentlicher Trägerschaft werden wir nicht ansatzweise ausreichend unterstützt.

Der mit Abstand größte Kostenfaktor ist, mit Blick auf Inflation und Tariferhöhungen, das Personal. Auch hier ist es für uns bizarr, dass wir uns überhaupt in der Lage befinden, Ihnen unsere Not klagen zu müssen. Denn wir sind auch beim Personal eine Vorzeige-Kita. Wir haben jüngst die letzte Personallücke durch eine Fachkraft (!) geschlossen, bei uns arbeiten gut aus- und weitergebildete Erzieherinnen und Erzieher, teils seit Jahrzehnten. Ein pauschaler KiBiz-Betrag führt aber zu einer dauerhaften Unterfinanzierung. Und so schmerzt es uns umso mehr, diese in sozialen Berufen ohnehin unterbezahlten Menschen nun als „Kostenfaktoren“ betrachten und ausgerechnet bei ihnen sparen zu müssen. Nur haben wir ohne weitere Hilfen des Landes keine Wahl.

Folgende Maßnahmen müssen wir gezwungenermaßen treffen, weil Ihre Politik uns nicht hilft:

- Reduzierung der Personalstunden (und damit Reduzierung der Zeiten am Kind!)
- Streichung der Jahressonderzahlung 2024
- Streichung von Fachkraft-Stellen als letztes Mittel
- Einrichtung eines weiteren U3-Platzes

Alle aufgezeigten Maßnahmen belasten die verbleibenden Erzieherinnen und Erzieher entweder durch finanzielle Einbußen oder durch Mehrarbeit. Schlimmstenfalls werden uns die ersten Fachkräfte aufgrund der durch Ihre Politik geschaffenen Rahmenbedingungen bald verlassen. Über kurz oder lang werden alle Maßnahmen dazu führen, dass wir die Kita häufiger wegen Krankheiten der Erzieherinnen und Erzieher oder wegen des Abbaus von Überstunden werden schließen müssen.

Das Unglaubliche daran: All das geschieht in einer komplett funktionierenden Kita ohne Personallücken! Noch dazu geschieht dies in Zeiten, in denen die Politik um jeden Kitaplatz froh sein sollte. In Zeiten, in denen Städte wie Münster ohnehin nicht die gesetzlich garantierten Kitaplätze vorhalten können.

Sehr geehrte Frau Ministerin, wir brauchen, wie tausende freie Kitas im Land, endlich politische Hilfe statt warmer Worte! In der Kommunalpolitik scheint das Thema mittlerweile angekommen zu sein, was wir begrüßen. Dort fragt man sich allerdings, genau wie in den Kitas, wann und ob überhaupt noch mit einer Reaktion der zuständigen Ministerin zu rechnen ist.

Bitte setzen Sie sich dafür ein, eine realistischere Betrachtung der einzelnen Kitas vorzunehmen und dort zu unterstützen, wo es nötig ist. Ein 100-Millionen-Euro Hilfsprogramm klingt nach viel. Am Ende kommen für diesen langen Zeitraum zur Überbrückung aber gerade einmal 12.500 Euro pro Einrichtung an. Es hilft niemandem, weder den Kindern noch den Familien noch den Trägern, wenn Kitas mit Symbolbeiträgen abgespeist werden. Gerne rechnen wir Ihnen anhand unserer Bücher vor, warum diese Hilfen bei Weitem nicht ausreichen.

Auch die Erhöhung der Kind-Pauschalen wird den Realitäten in den Einrichtungen einfach nicht gerecht. All diese Aktionen mögen sich medial gut präsentieren lassen, sie lösen aber nicht die Probleme in den Kitas. Wir fordern, dass alle Kitas 100% ihrer Personalkosten refinanziert bekommen und damit die Abschaffung der Pauschale, damit wir endlich Sicherheit haben!

Und wir bitten Sie um konkrete Antworten auf unsere Fragen bis zum 01. April 2024:

- Können wir noch mit Unterstützungen des Landes rechnen, oder sind wir auf uns allein gestellt?
- Wenn Sie uns finanziell nicht helfen können: Was raten Sie uns? Bitte werden Sie konkret, wir versuchen alles.
- Was wird geschehen mit den Kindern und ihren Eltern als Arbeitskräften in Münster und Umgebung, wenn die Kita aufgrund von Zahlungsunfähigkeit Ende 2024 schließt?

Und da Sie ja nicht ausschließlich die zuständige Fachministerin, sondern auch noch Abgeordnete für unseren Wahlkreis in Münster sind, möchten wir Sie an dieser Stelle ganz herzlich einladen, uns zu besuchen. Denn wir möchten Ihnen das Kinderhäuschen und den Geist, der bei uns vorherrscht, gerne näherbringen. Wir wissen um Ihren vollen Terminkalender und freuen uns daher, wenn Sie uns einfach ein paar Terminvorschläge machen. Gerne kurz, gerne zwischen zwei Terminen in der Heimat – Hauptsache, wir sehen uns! Wir nehmen uns auf jeden Fall die Zeit für Sie, egal wann.

Dieses Hilfeersuchen werden wir in diesen Tagen in lokalen, aber auch überregionalen Medien streuen und auch die demokratische Opposition im Landtag in Kenntnis setzen. Ferner werden wir die Ratsfraktionen der Stadt Münster und die familienpolitischen Sprecherinnen und Sprecher im Landtag in Kenntnis setzen. Wir hoffen, dass wir damit noch Unterstützer in unserer Sache aktivieren können. Denn eines ist klar: Kitas dürfen nicht finanziell ausbluten, während die Politik zuschaut.

Mit freundlichen Grüßen,
der Vorstand des Kinderhäuschens Münster e.V.

(verschickt am 18.03.2024 per Mail)

Sehr geehrter Vorstand des Kinderhäuschen e.V.,
Sehr geehrte Frau Vorsitzende Franke,

zunächst einmal möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie sich für eine Verbesserung der Situation in der frühkindlichen Bildung einsetzen. An dieser Stelle verfolgt die Landesregierung die gleiche Zielrichtung, da es uns ein besonderes Anliegen ist, für unsere Jüngsten ein gutes Umfeld zu schaffen.

Bevor ich auf die von Ihnen genannten Themen eingehe, möchte ich um Verständnis dafür bitten, dass ich nicht unmittelbar nach Eingang auf Ihre Eingabe reagiert habe. Aufgrund der Vielzahl von Anliegen, die an mich und die Kolleg:innen im Ministerium aus den unterschiedlichen Themenbereichen herangetragen, ist eine gewissenhafte Bearbeitung der einzelnen Anliegen nicht immer sofort möglich.

Finanzierung der Kindertagesbetreuung in NRW

Wir wissen um die schwierige Situation, in der sich die soziale Infrastruktur und gerade die Träger der frühkindlichen Bindung befinden. Der Fachkräftemangel wie auch Inflation und steigende Energiepreise im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine stellen die Träger vor große Herausforderungen. Hinzu kommt der Tarifabschluss zwischen Bund, Kommunen und den Tarifpartnern aus dem Sommer 2023, der gerade die sehr heterogene Landschaft der freien Träger vor Herausforderungen stellt. Die Landesregierung war nicht Teil des Tarifabschlusses, ist sich aber der Auswirkungen auf die Trägerlandschaft und der damit einhergehenden Verantwortung für das Land selbst sehr bewusst. Vor diesem Hintergrund haben wir großes Verständnis dafür, dass die freien Träger bzw. die entsprechenden Einrichtungen auf Ihre Situation und die damit einhergehenden Belastungen aufmerksam machen und gehen als Land auch weitere Schritte, um die freien Träger hier zu entlasten.

In dieser angespannten Lage ist es uns als Landesregierung wichtig zu reagieren, denn Kinder und Familien stehen im Zentrum unserer Politik. So unterstützen wir im Rahmen der Ergänzungsvorlage zum Haushalt 2024 die freien Träger daher mit einer finanziellen Überbrückungshilfe von 100 Millionen Euro.

Diese 100 Millionen Euro helfen den freien Trägern, die bereits vor August 2024 spürbaren finanziellen Auswirkungen des Tarifabschlusses abzufedern; sie soll im Wortsinn eine finanzielle „Brücke“ bauen bis die Dynamisierung greift. Die Überbrückungshilfe wurde landdesseitig kürzlich ausgezahlt. Darüber hinaus wird sich der Ansatz der für 2024/25 geplanten KiBiz-Pauschalen um fast zehn Prozent erhöhen (die zuvor angesprochene Dynamisierung). Damit erhalten die kommunalen und freien Träger ab der nächsten gesetzlich vorgesehenen Dynamisierung des KiBiz für das Kindergartenjahr 2024/25 fast zehn Prozent mehr Mittel für die Kindpauschalen. So unterstützt das Land alle Träger dabei, die finanziellen Belastungen der Tarifsteigerung zu tragen.

Insgesamt erhöhen sich die Mittel im Haushalt 2024 damit um mehr als eine halbe Milliarde Euro (mehr als 550 Millionen Euro) ins, um die frühkindliche Bildung nachhaltig zu stabilisieren und die Träger auch angesichts der herausfordernden Situation durch die Umsetzung des Tarifabschlusses zu unterstützen. Bereits zu Beginn des Jahres 2023 hatte das Land zudem zusätzlich 60,2 Millionen Euro für die Energiekostensteigerungen bereitgestellt. Trotz einer schwierigen Haushaltslage leistet das Land den wesentlichen Beitrag als Teil der Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen.

Darüber hinaus setzt die Landesregierung mit einem Maßnahmenbündel, das das System der frühkindlichen Bildung entlastet, einen besonderen Schwerpunkt: Nach dem Rückzug des Bundes aus der Finanzierung der Sprach-Kitas wurde das Bundesprogramm im Haushaltsjahr 2023 erfolgreich in Landesverantwortung übernommen. Die Förderrichtlinie ermöglicht die Fortsetzung der Arbeit in rund 1.300 „Sprach-Kitas“ in Nordrhein-Westfalen für weitere zweieinhalb Jahre. Hinzu kommen bisher 83 Fachberatungsstellen, die kontinuierlich und prozessbegleitend die Qualitätsentwicklung in den Sprach-Kitas unterstützen.

Im Haushaltsplan 2024 sind für die Verstetigung des Programms Mittel in Höhe von rund 38 Millionen Euro eingeplant. Auch das Alltagshelfer-Programm werden wir fortsetzen und dafür 2024 rund 140 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um den Einsatz zusätzlicher Hilfskräfte und der Aufstockung von Stunden bei vorhandenem Personal im nichtpädagogischen Bereich zu ermöglichen und die Kitas so konkret zu entlasten. Im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten setzt das Land so eine klare Priorität auf eine starke soziale Infrastruktur und auf eine verlässliche Struktur der frühkindlichen Bildung. Das MKJFGFI wird die Situation der sozialen Infrastruktur insbesondere hinsichtlich der Akteure der frühkindlichen Bildung – selbstverständlich auch weiterhin bei regierungsinternen Beratungen mitberücksichtigen.

Klar ist: Gleichwohl sehen wir die Entwicklung in der frühkindlichen Bildung nicht erst seit gestern. Zu einer ehrlichen Analyse gehört dabei auch, dass in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Ausbau und Weiterentwicklung – bei allen qualitativen und quantitativen Entwicklungen – nicht mit der notwendigen politischen Priorität verfolgt wurde. Insgesamt bleibt es dabei, dass wir die unbestreitbar bestehenden Problemlagen nicht kurzfristig und als Land alleine werden lösen können. Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon mit vielen einzelnen Maßnahmen, die Bund, Länder, Kommunen und Träger in gemeinsamer Anstrengung und in den jeweiligen Verantwortungsbereichen umsetzen müssen.

Reform des Kinderbildungsgesetzes

Die Landesregierung hat mit den Überlegungen zur Überarbeitung des KiBiz unmittelbar nach Regierungsantritt begonnen. Für die Weiterentwicklung des Kinderbildungsgesetzes hat die Landesregierung ein dialogorientiertes Verfahren mit allen Akteuren und Akteurinnen gestartet. Im Rahmen der Arbeiten zu einer Reform des Kinderbildungsgesetzes wird sich mit zahlreichen Fragestellungen (u.a. das Finanzierungssystem, Personalbemessungen, Verwaltungskosten) beschäftigt und alle Optionen geprüft, die die Verlässlichkeit des Betreuungsangebotes in Nordrhein-Westfalen verbessern und die allen Kindern einen Betreuungsplatz ermöglichen.

Beratungsanfrage

Bezüglich Ihrer Anfrage nach einer Beratung zur weitere finanziellen Hilfe Ihrer Kita möchte ich Sie darauf hinweisen, dass das örtliche Jugendamt Ihnen gerne in solchen Fragen Unterstützung bietet und Ihnen beratend zur Seite steht. Alternativ können Sie sich an die vom Land geförderte Fachberatung wenden.

Weitere finanzielle Mittel des Landes sind angesichts der sehr schwierigen Haushaltslage aktuell nicht möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Josefine Paul

Unser Brief an die Ministerin ist Aufmacher im RUMS-Brief aus Münster. Neben der Darstellung unseres Problems kann die RUMS-Redaktion bereits aus einer Rückmeldung des NRW-Familienministeriums zitieren. Diese enthält alle Textbausteine, die wir schon lange kennen, beginnend mit den Überbrückungshilfen und den Zuwächsen beim KiBiz. Konsterniert lässt uns folgender Absatz zurück:

<<Aber das Ministerium schreibt auch, zu einer ehrlichen Analyse gehöre, dass man diese Entwicklung nicht erst seit gestern sehe – dass die frühkindliche Bildung in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten „nicht mit der notwendigen politischen Priorität verfolgt“ worden sei. Man werde „die unbestreitbar bestehenden Problemlagen nicht kurzfristig und als Land alleine (…) lösen können“, heißt es.>>

Vielen Dank an Redaktionsleiter Ralf Heimann, der die Paywall entfernt hat, damit möglichst viele Menschen den Brief lesen können: Zum RUMS-Brief

20.03.2024: Die Westfälischen Nachrichten haben ein Interview mit Märry und Dennis vor Ort geführt und berichten online und in der Print-Ausgabe über unsere Lage und unseren Brief. Zum Online-Artikel (Paywall)

Die Westfälischen Nachrichten berichten einen Tag später über eine Antwort der Pressestelle des NRW-Familienministeriums. Das Ministerium erwähnt erneut formelhaft die bisher gewährten Hilfen und den nicht ausreichenden Aufwachs des KiBiz. Außerdem wird einmal mehr auf Fehler in der Vergangenheit verwiesen. Auf jetzt dringend benötigte Lösungen geht das Haus von Josefine Paul nicht ein. Zum Online-Artikel

Der RUMS-Brief aus Münster berichtet zwei Wochen nach unserem Brief über die bisher eingegangenen politischen Rückmeldungen und verweist auf unsere Homepage. Zum RUMS-Brief (Paywall)

Die Westfälischen Nachrichten berichten über den Vorstoß der Stadt Münster, einen freiwilligen Zuschuss i.H.v. vier Millionen Euro zu leisten. Zum Online-Artikel (Paywall)

Pressemitteilung der Kita – Unterfinanzierung der Kitas in freier Trägerschaft

Kita Kinderhäuschen begrüßt geplante Übernahme der Trägeranteile durch die Stadt Münster
„Der Druck der letzten Wochen war erfolgreich. Dass die Stadt Münster plant, 70% der Trägeranteile der freien Kitas zu übernehmen, ist ein positives Signal“, so Märry Franke, Vorstandsvorsitzende der Kita Kinderhäuschen.

Die Kita hatte Mitte März mit einem Brandbrief an NRW-Familienministerin Josefine Paul und weitere Landes- und Kommunalpolitiker zur Unterfinanzierung der freien Kitas auf sich aufmerksam gemacht. „Die Ideallösung ist das gewiss nicht, denn dieser Trägeranteil ist genau das Geld, das die Eltern eh schon zusätzlich zu den Elternbeiträgen zahlen. Damit das Geld auch der Kita zugutekommt, müssten die Eltern es der Kita freiwillig überlassen und das würde alle Beteiligten in eine unangenehme Lage bringen".
„Uns ist allerdings bewusst, dass die Stadt Münster hier einen Kraftakt leistet“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Dennis Bein. Man habe in den letzten Wochen aus der Stadt viele Rückmeldungen erhalten und werde aufgrund des absehbaren Beschlusses nun auch nicht mehr vor den Toren des Stadthauses demonstrieren. „Denn am Ende ist jetzt das Land am Zug! Wir bitten die Verantwortlichen der Stadt deshalb nachdrücklich darum, den Druck hochzuhalten. Das Land Nordrhein-Westfalen muss strukturell die Finanzierung der Kitas neu aufstellen.“

Eltern des Kinderhäuschens werden sich dazu demnächst auch an Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) wenden. Von ihm erhoffen sie sich die Antwort, die sie von den Münsteraner
Landtagsabgeordneten nicht erhalten haben: Familienministerin und Landtagsabgeordnete Josefine Paul (B90/Grüne) und Wüsts Parteifreundin Simone Wendland (CDU) haben nämlich nicht einmal eine Eingangsbestätigung an das Kinderhäuschen geschickt. Beide sitzen für den Wahlkreis des Kinderhäuschens im Düsseldorfer Landtag…

Hier veröffentlichen wir alle Rückmeldungen in der Reihenfolge ihres Eingangs.

Bereits einen Tag nach Versand unseres Briefes erhalten wir eine Rückmeldung der SPD Münster. Die SPD will sich im Rat der Stadt einsetzen, sieht aber langfristig das Land in der Pflicht:

„Als Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sind unsere Möglichkeiten begrenzt. Die Haushaltslage – auch das werden Sie sicherlich mitbekommen haben – lässt keine großen Sprünge zu. […] Kurz gesagt sind wir als Politik darauf angewiesen, dass die Kämmerei Möglichkeiten findet, eine Finanzierung für weitere Vorhaben darzustellen. In Sachen Trägeranteile ist das Signal der Träger derart einhellig und unmissverständlich, dass wir davon ausgehen, dass die Kämmerin einen Finanzierungsvorschlag zur kurzfristigen Abmilderung des Problems vorstellen wird. […] Die Stadt Münster wird auf lange Sicht die Unterfinanzierung vieler Kitas nicht allein stemmen können. Besonders wichtig ist es daher, dass das Land endlich eine nachhaltige Lösung vorlegt, die alle Kommunen berücksichtigt. Die Landesregierung – und auch die zuständige Ministerin Josefine Paul – schweigen zu dieser Frage aktuell. Das ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar und wir setzen alles daran, das Schweigen zu brechen.“

Eileen Woestmann hat uns ebenfalls bereits einen Tag nach Versand in den späten Abendstunden geantwortet. Sie schreibt von "besorgniseregenden" Zuständen in der frühkindlichen Bildung und hohen Belastungen für Träger und Fachkräfte. Sie verweist auf das, was wir aus Düsseldorf kennen: Die 100 Millionen (12.500 EUR pro Kita) und den nicht ausreichenden Aufwuchs der Kindpauschalen. Und: Sie sieht die Stadt in der Pflicht:

„Wir sehen die Belastungen, die auf Trägern, Fachkräften, Eltern und auch den Kindern lasten und nehmen diese zu jeder Zeit ernst. Wir arbeiten weiterhin mit höchster Priorität an den Herausforderungen im Bereich der Sozial- und Erziehungsberufe und eruieren fortführende Lösungsmöglichkeiten. […] Mit der Überbrückungshilfe hat das Land seinen Beitrag in der Verantwortungsgemeinschaft mit Kommunen und Trägern geleistet, um die freien Träger zu unterstützen. Eine gleichwertige finanzielle Unterstützung seitens der Kommunen im Rahmen der Finanzierungsgemeinschaft würde die Lage für die Kitas zusätzlich verbessern, ist jedoch ausgeblieben.“

Am Mittwoch der vergangenen Woche hat uns für die CDU deren familienpolitische Sprecherin, Carmen Greefrath, geantwortet. Frau Greefrath macht deutlich, dass das Thema in der Kommunalpolitik angekommen ist. Sie will sich für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Land und Kommune einsetzen:

„Die finanzielle und personelle Situation hat sich für viele Betreuungseinrichtungen zu einer
enormen Herausforderung entwickelt. […] Für uns als CDU hat es in diesem Fachbereich in diesem Jahr die oberste Priorität, die es zu bewältigen gibt. Zum Haushaltsjahr 2024 haben wir den Antrag gestellt, dass in diesem Punkt Stadt und Land besser miteinander kooperieren müssten und Lösungswege aufzeigen sollen. Wir werden ebenfalls mit Nachdruck hier politisch agieren, um Lösungswege für die Betreuungseinrichtungen zu finden – für die Kinder, für die Eltern, für die Erziehenden.“

Leon Herbstmann, Vorsitzender des Ausschusses für Kinder, Jugendliche und Familien und fachpolitischer Sprecher der Grünen im Stadtrat antwortet uns Ende der Woche. Er stellt eine Übernahme der Trägeranteile in Aussicht:

„Gegenwärtig bemüht sich die Stadt Münster, die freien Träger – und damit auch den Elterninitiativen – durch eine Übernahme der gesetzlichen Trägeranteile spürbar zu entlasten. Politik und Verwaltung arbeiten derzeit intensiv an einer Lösung und hoffen, diese schon in den nächsten Wochen beschließen zu können.“

Volt ist mit nur zwei Ratsmitgliedern die zweitkleinste Ratsfraktion in Münster und weist darauf hin, leider keinen Einblick in den Ausschuss für Familien zu erhalten:

„Da wir über keinen ständigen Sitz im Ausschuss für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Münster verfügen, welcher sich um die u.a. um Kinderbetreuungsangebote kümmert, haben wir keine Einblicke in etwaige Entwicklungen, Rahmenbedingungen oder interne Informationen.“

Katrin Bohm von der FDP in Münster beklagt das Schweigen der Ministerin. Sie sieht allerdings nun auch die Verwaltung am Zuge:

„Aus unserer Sicht liegt der Ball bei der Verwaltung. Aus ihren Reihen muss ein tragfähiges Gesamtkonzept aufgestellt werden, vor allem im Hinblick darauf, dass der städtische Haushalt aktuell bereits ein Millionen-Defizit aufweist. Für uns ist aber klar: ein Sparen an den Kleinsten und Schwächsten in der Gesellschaft ist mit uns nicht zu machen.“

Marcel Hafke MdL hat uns eine Sprachnachricht geschickt. Auf seine Rückmeldung waren wir sehr gespannt, da die FDP unter dem damaligen Vize-Ministerpräsidenten Joachim Stamp das Familienministerium in Nordrhein-Westfalen bis 2022 geführt hat. Im Kern sagt Marcel Hafke, die FDP fordere seit zwei Jahren – also seit Regierungswechsel – Lösungen für die Schieflage. Wir geben die Sprachnachricht hier im Wortlaut wieder und kürzen lediglich Begrüßung und Verabschiedung heraus:

„Ich kann Ihren Frust sehr gut verstehen und hoffe, dass Sie eine Antwort bekommen. Ich gehe davon aus, dass sie leider nicht zufriedenstellend sein wird, weil wir seit zwei Jahren die Landesregierung und Josefine Paul auf diese Misere hinweisen, dass genau das passieren wird, was jetzt passiert: Die finanziellen Mittel der Einrichtungen gehen zu Ende. Es gab jedoch mehrere Möglichkeiten, diesen Schaden in der Kita-Landschaft, den wir landesweit erleben, abzuwenden. Die Landesregierung hat bislang alle Maßnahmen abgelehnt und verweist auf die wenigen, die sie vorgenommen hat. Und das aber auch mit Ansage, dass die Maßnahmen nicht ausreichen werden. Also sehenden Auges läuft man hier in ein Problem rein. Das ist wirklich fahrlässig. Dafür danke ich Ihnen vielmals, dass Sie die Problemlage skizzieren und der Landesregierung nochmal Druck machen. Ich hoffe, dass es hilft.“

Sehr ausführlich haben uns Ulrich Thoden und Ortrud Philipp geantwortet. Die Linksfraktion erwartet städtische Lösungen zur nächsten Ratssitzung am 24. April. Deutlich werden auch die Landtagsabgeordneten kritisiert:

„Zu der aktuell entstandenen Situation, in der Freie Träger wie Ihre Einrichtung bekanntgegeben haben, aufgrund von Unterfinanzierung die Kindertageseinrichtung zurückgeben zu wollen bzw. schließen zu müssen, haben wir eine klare Position: Nach unserer Auffassung war das, was jetzt droht, schon lange absehbar und ist es ein Skandal, dass Träger und Eltern dermaßen in Unsicherheit gehalten werden, ob es ihre Kita in einigen Monaten überhaupt noch gibt. Hier hätte die Rathauskoalition aus Grünen, SPD und Volt schon längst handeln und die notwendigen Haushaltsmittel bereitstellen können und müssen, und nicht nur die Kämmerin Christine Zeller. […] Hauptverantwortlich für die entstandene Lage ist aber nach unserer Meinung die schwarz-grüne Landesregierung, die die ohnehin klammen Kommunen bei der Kita-Finanzierung im Regen stehen lässt. Und es ist erbärmlich, dass von der zuständigen Ministerin, der aus Münster stammenden Josefine Paul (Grüne), den anderen zwei Grünen-Landtagsabgeordneten aus Münster und der CDU-Landtagsabgeordneten, ebenfalls aus Münster, nichts wirklich Zielführendes kommt.“

Frau Deppermann ist die einzige der angeschriebenen Landtagsabgeordneten aus Münster, die sich zurückgemeldet hat. Leider kommen von ihr ausschließlich die Textbausteine, die hinlänglich bekannt sind. So verweist sie nochmals auf die 100 Millionen und den Aufwachs des KiBiz:

"…deshalb hat sich Ministerin Josefine Paul für die Verabschiedung einer Überbrückungshilfe von 100 Millionen Euro eingesetzt, die speziell darauf abzielt, die finanziellen Mehrkosten für Kitas freier Träger abzumildern."

Nun haben wir doch noch eine mehrseitige Antwort der Ministerin erhalten. Gerade heute, als die Westfälischen Nachrichten darüber berichten, dass wir bisher keine Antwort erhalten haben. Viel Neues ist nicht zu lesen, das Meiste kennen wir:

- Das Land wolle die frühkindliche Bildung verbessern.
- Das Land sei nicht an den Tarifabschlüssen beteiligt gewesen.
- Das Land habe ein Hilfsprogramm von 100 Millionen Euro auf die Beine gestellt.
….

Und dann folgt noch ein Satz, der wohl der wichtigste im ganzen Brief ist und verdeutlicht, was aus Düsseldorf zur Kita-Rettung noch zu erwarten ist. Nichts:

"Weitere finanzielle Mittel des Landes sind angesichts der sehr schwierigen Haushaltslage aktuell nicht möglich."

Diese Homepage läuft über die Kita-Software Habanunu . Wir sind dem Habanunu-Team sehr dankbar dafür, dass es uns in dieser finanziell so schwierigen Zeit die Nutzungsgebühren erlässt!